Kaffee in Äthiopien: Zurück zum Ursprung
Anne und Clemens waren mit dem Round The World Ticket der Star Alliance auf Weltreise. Ihr erster Stopp führte sie nach Äthiopien: Im Südwesten des Landes durchstreiften die beiden mit Paradise Ethiopia Travel die Wildkaffeewälder in der Ursprungsregion des Kaffeeanbau.
Wir sind auf den Spuren des Kaffeeanbau in Äthiopien. Das Ortsschild von Addis Abeba versinkt langsam im Smog. Nur noch wenig ist von der äthiopischen Hauptstadt durch den Rückspiegel unseres Jeeps erkennbar. Vor uns liegen knapp 450 Kilometer in Richtung Südwesten des Landes. Die Straßen werden holpriger, das Vieh zahlreicher, die Schlaglöcher größer. Es wird bunter und auch ein wenig chaotischer auf den Straßen. Doch unser Fahrer manövriert sich gekonnt durch das Wirrwarr.
Äthiopien: ein wunderschöner, farbenfroher Mix
Schnell ziehen die Häuser an uns vorbei. Mal sind es Hütten aus Bambus, mal Betonhäuser, mal bunt bemalte Wellbleche, die die Straßenseiten zieren. Dazwischen schwirren die in weiß gekleideten, christlich-orthodoxen äthiopischen Frauen und die in bunten Schals verhüllten muslimischen Damen durch die Straßen. Ein wunderschöner, farbenfroher Mix, der immer bunter wird, je weiter wir nach Südwesten kommen.
Region Kafa in Äthiopien: Kaffeeanbau in der Geburtsstätte des Kaffees
Wir sind auf dem Weg in die Region Kafa, die Geburtsstätte des Kaffees. Eine Region, die vornehmlich muslimisch und wie jede andere Region in Äthiopien absolut kaffeevernarrt ist. Es wird heiß im Auto. Wir knacken die 30-Grad-Marke. Schon beim ersten Herunterkurbeln des Fensters steigt der Geruch von frisch gemahlenem Kaffee in das Auto. Kaffee und Äthiopien, das ist Magie. Das ist Hingabe, Verehrung und vor allem fest verankerte Tradition. Äthiopien gehört weltweit zu den großen Kaffee-Exportländern. Doch im Vergleich zu Ländern wie Ecuador, Brasilien oder der Elfenbeinküste werden 50 Prozent des in Äthiopien angebauten Kaffees direkt im Land konsumiert. Kein Wunder, denn die Äthiopier lieben ihren Kaffee.
Wir machen unsere erste Pause. An einer geschäftigen Straße setzen wir uns auf bunte Plastikstühle und bestellen Buna, Kaffee. Flat White, Latte Macchiato oder Cappuccino gibt es hier nicht – und das braucht auch keiner. Nur Zeit, die sollte man mitbringen.
Wer braucht schon Latte Macchiato? Die Kaffeestände in Äthiopien beschränken sich aufs Wesentliche.
Kaffeeanbau in Äthiopien ist pure Magie
In Äthiopien wird der Kaffee überall selbst geröstet. Schon am Morgen riecht es deshalb in vielen kleinen Gassen und Straßen nach frischen Kaffeebohnen. Auf einem Kohlenfeuer werden die noch grünen Bohnen so lange geröstet, bis sie ein dunkles Braun erreichen. Dann werden sie gemahlen. Auch das passiert händisch – in fast jedem einzelnen äthiopischen Haushalt.
Vor uns werden chinesische Porzellantässchen auf den kleinen Plastikhocker gestellt. Dazu gibt es eine riesige Dose Zucker. Unser Kaffee dampft derweil in einem Tonkännchen auf Kohlebriketts. Daneben räuchert eine Schale Weihrauch vor sich hin. Ein Geruch, der zusammen mit dem frischen Kaffee die perfekte Melange ergibt und so typisch äthiopisch ist, dass er sich schon fast heimisch anfühlt.
Kaffee in Äthiopien - ein einzigartiger Geschmack
Aus einer gekonnten Höhe wird der dunkle Kaffee in unsere Tassen gefüllt – voll bis zum Rand. Dazu kommen drei Löffel Zucker und ein kleiner Ast mit grünen Blättern, der dem Kaffee eine ganz besondere Note gibt. Der Geschmack des Kaffees in Äthiopien ist einzigartig: süßlich, bitter und doch angenehm stark, fast unbeschreiblich.
Eine solche Kaffeezeremonie findet in einem äthiopischen Haushalt bis zu drei Mal am Tag statt. Rösten, mahlen, kochen, trinken – und das Ganze mit der gesamten Nachbarschaft. Denn wenn einmal Kaffee geröstet wird und der Geruch sich in der ganzen Straße breit macht, dann sind die Nachbarn auch nicht weit.
In den Wäldern von Bonga: Wildkaffeesträucher soweit das Auge reicht
Wir beschränken uns für jetzt erst einmal auf einen Kaffee, denn weitere 250 Kilometer liegen noch vor uns. Wir sind mitten in der Kafa Region, als die Straßen kurviger und die Landschaft um uns herum grüner wird. Am Straßenrand liegen aufgetürmt kleine Pakete mit frischen Kaffeebohnen, die auf den heimischen Kaffeeplantagen gepflückt wurden. Der Jeep rauscht um die Kurven, bis wir uns mitten in den Wäldern von Bonga befinden.
Kaffeeanbau im Biosphärenreservat von Äthiopien
Bereits seit 2006 kümmert sich der NABU, der Naturschutzbund Deutschland, in der Kafa Region um die afromontanen Bergnebel-, Regen- und Bambuswälder und ihre biologische Diversität. Verschiedenste Projekte wurden ins Leben gerufen, um die nachhaltige, regionale Entwicklung zu fördern. Sie schaffen nicht nur neue Einnahmequellen für die lokale Bevölkerung, sondern tragen dazu bei, die Natur in ihrem jetzigen Status zu erhalten und sie sogar weiter auszubauen. Wir beginnen unseren Besuch im Kafa Biosphärenreservat mit einer kleinen Wanderung durch Felder mit Wildkaffeesträuchern. Soweit das Auge reicht sind wir umgeben von knallgrünen Feldern, Bäumen und gepflegtem Terrain, das liebevoll für den Anbau von Rosmarin und anderen Gewürzen genutzt wird.
Das Kafa Biosphärenreservat hat eine Gesamtgröße von 760.000 Hektar und befindet sich zwischen drei Flüssen: Gojeb, Dincha und Woshi. Seit 2010 gehört das Reservat zum UNESCO-Weltkulturerbe. Das Gebiet ist die grüne Lunge des Landes. Sie ist nicht nur das Zuhause der beliebten Arabica-Kaffeebohnen, die allein in dieser Region einen Gesamtexportwert von knapp 1,4 Milliarden US-Dollar haben. Sie ist auch der Ort, an dem sich die letzten Wildkaffeewälder Äthiopiens befinden, durch die wir nun wandern. Vor uns entfaltet sich eine endlose Weite mit schon leicht in die Jahre gekommenen Wildkaffeesträuchern, die sich rüstig, faltig und charmant ausbreiten und eine perfekte Schattenmöglichkeit bei 30 Grad bieten. Die Sträucher hängen voll knallroter Beeren, die zwar noch nicht für die Herstellung von Kaffee genutzt werden können, aber trotzdem schon erahnen lassen, wie gut sich diese Beeren im nächsten Porzellantässchen machen.
Heißer, gezuckerter Kaffee im Wildkaffeedschungel
Hinter uns ertönen Kinderstimmen. „Faranji, Faranji!“, „Weißer, Weißer“, rufen die Kinder, die hier zusammen mit ihren Familien leben. Wir warten geduldig und werden von nun an von unseren eigenen, kleinen Bodyguards begleitet. Sie wurden eigentlich von ihren Eltern zum Kaffeebeerensammeln geschickt, finden uns aber viel interessanter. Die Gegend wirkt fröhlich. Das mag zum einen am Kinderlachen liegen, zum anderen an der Art und Weise, wie die gesamte Region geschützt und erhalten wird.
Verschwitzt und leicht erschöpft verlassen wir den Wildkaffeedschungel und spazieren zurück zu unserem Auto. „Kaffee?“, fragt uns unser Fahrer. Was für eine Frage. Sekunden später sitzen wir auf kleinen Holzhockern und rühren den Zucker in unseren heißen Kaffee ein. Wir sind umgeben vom Geruch frisch gemahlener Kaffeebohnen und genießen den Ausblick auf das, was man die Geburtsstätte des Kaffees nennt: die letzten Wildkaffeesträucher Äthiopiens in der Region Kafa.
Die Menschen in der Region Kafa wirken überaus glücklich.
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Anne
Vielen Dank Michael für die netten Worte! Ja, da hast du wohl recht. Aber vielleicht schafft es ja bald auch ein äthiopisches Kaffeehaus nach Deutschland 🙂
Michael Kausch
Ein wunderschöner Beitrag, der einen verzweifeln lässt angesichts der seelenlosen Starbucks Filialen hierzulande. Wobei: das Schönste an den amerikanischen Kaffeeketten ist das W-LAN, mit dem man Eure Reiseberichte lesen kann. Viel Spaß weiterhin 😉
HeMeTee
Wir haben nicht geahnt, dass Äthiopien ein Reiseland ist. Der schöne Bericht lehrt uns etwas anderes. Wir werden uns näher mit Äthiopien beschäftigen und wahrscheinlich bald hinreisen. Den Kaffee jedenfalls besorgen wir uns umgehend.
Wir freuen uns schon auf weitere Berichte und Fotos von euch! Toll!
Redaktionsteam
Der Meinung ist das Redaktionsteam von Travellers Insight auch! 🙂 Viele Grüße, Janina